Drei außergewöhnliche Performances in Passau

 

Sie gingen auf`s Ganze
Passauer Bildhauer Christian Zeitler initiierte eines der ersten Tanztheater nach dem Shutdown – Die Schauspieler Sarah Plattner und Gyan Ros Zimmermann performten auf einem Schiff auf der Donau – Internationale Kulturszene am Donaukai wiederbelebt

Passau. Sie tanzen barfuß und halbnackt, improvisieren zur Musik, ringen, springen und schürfen sich am Kopfsteinpflaster die Knie auf. Wenn Sarah Plattner (28) und Gyan Ros Zimmermann (21) in ihre Rollen schlüpfen, gehen sie auf`s Ganze. Drei Mal haben die jungen Künstler der Athanor-Schauspielakademie in Passau eine sinnliche Performance am weitläufigen Donaukai gezeigt.

Die Outdoor-Veranstaltungen am 10., 13. und 20. Juni gehörten wohl zu den ersten Tanztheatern seit dem Shutdown – und belebten die Kunst- und Musikszene im Umfeld von Museum Moderner Kunst, Café Museum und Kulturmodell Bräugasse wieder. Die Besucher waren begeistert. „Wunderschön“ und „Ohne Worte“ lauteten etliche Feedbacks. „Toll, dass sich wieder was rührt“, meinten andere erleichtert.

Die Idee, in der auch ein altes Schiff zur Bühne wurde, stammt von Bildhauer Christian Zeitler aus Passau, der im Kulturmodell Bräugasse seine eine Ausstellung zeigte. „Liebe und Tod“ sind die Themen, die den gebürtigen Landshuter beschäftigten. „Paarungen“ sind es, die er umsetzt in Dachpappe, Stein, Metall, Holz, Glas und Papier.

Foto: Nicole Schmidt
Foto: Nicole Schmidt

Für die Performance wurde Zeitler zusätzlich zum Regisseur. Mit Unterstützung der Lichtkünstlerin Nina Zeilhofer, die aus Landshut stammt und jetzt in Augsburg lebt, und einer multinationalen Musiker-Kombo schuf der am Donauufer gegenüber von Oberhaus und Niederhaus eine konzentrierte Atmosphäre. Die Jazz-Musiker Paul Zauner (Posaune, Österreich), Leo Gmelch (Tuba, Österreich), Ilyia Velitchkov (Trompete, Bulgarien), Stephan Kalleder (Trompete, Passau) und Christian Lichtenauer (Akkordeon, Passau) spielten dafür ausschließlich den Ton „D“. Die Schauspieler Sarah Plattner (Österreich) und Gyan Ros Zimmermann (Ecuador) interpretierten eigenständig und ohne Worte eine Sequenz aus der griechischen Mythologie.

Dargestellt wurden die Figuren Orpheus und Eurydike, die sich leidenschaftlich lieben. Viel zu früh reißt der Tod Eurydike aus dem Leben. Doch kraft seines kunstvollen Spiels auf der Leier schafft Orpheus es, seine Geliebte aus der Unterwelt zurück nach oben zu führen. Zunächst. Denn als Bedingung hat ihm Hades, der Herrscher der Unterwelt, auferlegt, dass er sich auf dem Weg zurück ins Leben nicht nach Eurydike umsehen darf. Orpheus kann der Versuchung nicht widerstehen, schaut sich um – und verliert seine Geliebte endgültig an den Tod.

Performance am 20. Juni Christian Zeitler
Die Schauspieler Sarah Plattner und Gyan Ros Zimmermann performen am Donaukai. Foto: Montse Geraldy

„Dieses Motiv fasziniert mich seit vielen Jahren. Es zeigt, dass Liebe und Kunst das Potenzial haben, den Tod zu überwinden“, sagt Christian Zeitler. Bei der Gemeinschaftsaktion ging es ihm auch darum, kulturschaffende Institutionen zu unterstützen sowie Schauspielern und Künstlern eine Bühne zu geben, die durch die Corona-Krise teilweise „arbeitslos“ geworden sind. Das ist gelungen.

Zusammen mit der Schiffsbesatzung und einem Team im Hintergrund setzen sich rund 20 Mitwirkende für dieses Projekt ein. „Das Thema ist zu meinem geworden“, sagt etwa Trompeter Ilyia Velitchkov aus Bulgarien. „Ich bin froh und dankbar, dabei gewesen zu sein“, lautet das Fazit von Paul Zauner, renommierter Jazz-Posaunist aus Oberösterreich und weltweit vernetzter Organisator von Jazz-Festivals.

Team performance vom 20.Juni 2020 in Passau Foto: Simone Kuhnt
Das Team rund um Christian Zeitler der als Regisseur die Performance initierte. Foto: Simone Kuhnt

Zeitlers Vision ist es, später mit der Performance donauaufwärts und flussabwärts grenzüberschreitend auf große Fahrt zu gehen. „Der Donauraum verbindet so viele Völker und Menschen, genauso wie unser Team und die Themen Liebe und Tod. Das hat für mich eine unheimliche Anziehung“, sagt der Künstler.
Er sah die Outdoor-Veranstaltung am weitläufigen Donaukai als eine geeignete Plattform, um die Vitalität der Künstlerszene leuchten und wirken zu lassen. Gerade in Zeiten, in denen Menschen ihre Existenz bedroht sehen. In denen es ankommt auf Mut, unkonventionelle Ideen und Inspiration.

Redaktioneller Inhalt: Simone Kuhnt